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Apport versus Balljunkie

  • Autorenbild: Sigrid Ackert
    Sigrid Ackert
  • 15. Okt. 2019
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Feb. 2024


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Wer kennt sie nicht, die ballschleudernden Frauchen und Herrchen auf den Hundewiesen? Tolle Sache, der Hund rast hinterher, spurtet zurück und gleich nochmal, weil es so schön ist und - ja klar - ordentlich müde macht. Bisschen doof ist nur, wenn dann ein anderer Hund samt Führer vorbeikommt, mit dem man gerne etwas quatschen würde, der sportbegeisterte, eigene Hund aber ungeduldig auf den nächsten Schleuderball wartet, anfängt zu fordern und vielleicht sogar penetrant die nette Unterhaltung zu Nichte macht. Darf ich vorstellen: Ein waschechter Balljunkie!


Was so lustig aussieht, ist tatsächlich das traurige Bild eines Hundes, der zumeist unbemerkt und unbeabsichtigt von Frauchen oder Herrchen süchtig nach dem Hinterherjagen wurde. Das Jagen, Hinterherhetzen und Verfolgen ist in jedem Hund genetisch tief verwurzelt. Einst diente diese Fähigkeit dem Lebenserhalt. Verknüpft er nun, dass er dieser Leidenschaft immer und immer wieder frönen kann, wenn er nur den Ball zu dieser praktischen Wurfmaschine namens Frauchen oder Herrchen zurückbringt und vor die Füße wirft, dann nimmt die Abhängigkeit seinen schnellen Lauf. Der Balljunkie holt den Ball nicht, weil er ihn dir bringen möchte oder in hündisch ausgedrückt "mit dir Beuten machen will". Er will einzig und alleine dieses grandiose Gefühl des Hinterhersprintens erleben.


Das lässt sich ganz einfach testen: Lasse deinen Balljunkie sitzen, trage den Ball 20 m in die Wiese, gehe zurück zum sitzenden Hund und schicke ihn dann los um den Ball zu holen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er dich angucken und völlig verdutzt und gelangweilt das Ende dieser spaßfreien Situation herbeisehnen. Der Ball macht so für den Balljunkie überhaupt keinen Sinn.


Durch das Ballwefen lernt kein Hund mit dir zu kooperieren. Er nützt dich schlicht und ergreifend aus für seinen Selbstzweck! Dazu kommt, dass diese Art der Beschäftigung sehr limitiert ist. Als Option bleibt nur weiter oder noch öfter zu werfen oder die Farbe des Balls zu variieren...


Nimmt man die Mühen auf sich und bringt seinem Hund hingegen das Apportieren bei, so erfordert das zunächst Ausdauer, Geduld und Konsequenz. Hilfreiche Anleitungen hierfür finden sich zum Beispiel bei Anton Fichtlmeier , Dennis Panthen und Steffi Salostowitz. Der klassische Apport entspricht im Grunde dem oben beschrieben, "langweilig" wirkenden Test.


Was soll das nun bringen?


Hat dein Hund erst einmal verstanden, dass es sich lohnt, dir auch ohne Reiz alles zu bringen, was du von ihm verlangst, eröffnet sich ein Meer der Möglichkeiten gemeinsam mit dem Hund Erfolge zu feiern.


Ursprünglich kommt der Apport aus der Jagd. Erlegtes Wild muss gefunden werden um es verwerten zu können. Dies ist oftmals bei dichtem Bewuchs ohne die Hilfe des Hundes ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen für den Menschen. Also bedient er sich der feinen Nase des Hundes, der auch ohne Sichtkontakt das Wild auf bewundernswerte Distanzen wittern kann. Was aber sollte den Hund veranlassen, die gefundene Beute nicht als die seine zu betrachten, sondern einen Mehrwert darin zu sehen, sie seinem Führer zu bringen? Einzig und alleine der sichere Apport!


Auch bei Nichtjägern hat sich glücklicherweise das Dummytraining etabliert, was nichts anderes ist als Apport in vielfältigsten Variationen.


Hier nur ein paar wenige Beispiele, die die Kooperation zwischen Hund und Mensch erfordern, aus den beiden ein eingespieltes Team machen und auf einer einzigen Grundlage aufgebaut werden können. Dem Apport:

  • Der Hund bringt mehrere für ihn sichtig ausgelegte Dummies hintereinander in der gewünschten Reihenfolge ohne das eine Dummy für ein anderes fallen zu lassen.

  • Dummies, die nicht sichtig für den Hund ausgelegt wurden, sucht er solange bis ihn seine Nase ans Ziel bringt.

  • Der Hund muss Hindernisse wie z.B. Gräben überwinden um an das Dummy zu gelangen.

  • Der Hund läßt sich ins Wasser schicken, weil er weiß, gleich fliegt ein Dummy über ihn, dass er apportieren darf.

  • Beim Spazierengehen läßt man vom Hund unbemerkt ein Dummy fallen und geht ein gutes Stück weiter, um den Hund dann zurück zu schicken. Dieser wird schnell lernen, dass es sich lohnt, die Fährte seines Menschen zurück zu verfolgen.

  • Das Dummy wird nicht sichtig für den Hund über die Wiese gezogen (Schleppe). Der Hund wird am Anfang der Fährte angesetzt und kommt auf der Geruchsspur unter Einsatz seiner Nase zum Ziel.

  • ...und vieles mehr. Im Grunde sind der eigenen Fantasie keine Grenzen gesetzt.

Die Mühen des Grundlagenapports lohnen sich in jedem Fall. Der Hund wird sehr schnell Begeisterung an den Herausforderungen finden und jeder Spaziergang birgt so gemeinsame Aufgaben, die es zu lösen gilt. Pure Kopfarbeit für den Hund, die umso müder macht, als stumpfe Rennerei hinter dem Ball. Dazu kommt, dass damit der gesamte Gehorsam des Hundes geschult wird. So lernt er z.B. zu warten, bis das Dummy versteckt ist, er erträgt es, dass Dummies fliegen und er abwarten muss bis er geschickt wird (Steadiness). Letzten Endes wird der Hund verstehen, dass es sich lohnt auf Frauchen und Herrchen zu hören.


Ist das nicht eine schöne Sache?




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