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So denkt Ihr Hund über Sie

  • Autorenbild: Sigrid Ackert
    Sigrid Ackert
  • 14. Dez. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Sie lieben Ihren Hund, er ist Teil Ihrer Familie, Sie versorgen ihn bestens, verwöhnen ihn gerne, beschäftigen sich viel mit ihm und beherzigen dabei auch viele Erziehungstipps. In Ihren Augen bieten Sie Ihrem Hund den Himmel auf Erden. Sie denken insgeheim, dass Ihr Hund Sie dafür eigentlich vergöttern müsste und zum Dank gerne alles für Sie tun wird.


Tut er aber nicht.


Vieles läuft zwar ganz gut, vor allem auf dem Hundeplatz oder Zuhause. Anders sieht es beispielsweise beim Freilauf im Gelände, beim zuverläßigen Rückruf unter Ablenkung, bei der Leinenführigkeit oder bei Hundebegegnungen aus.


So weit, so frustrierend.


Ok, es gibt eine gute Nachricht: Ihr Hund liebt Sie schon, genießt den Luxus und ist sichtlich zufrieden mit seinem Leben.


Die schlechte Nachricht: Er nimmt Sie nicht als Führer, Chef, Leitwolf oder - wie auch immer man es bezeichnen wollte - wahr. Dann würde er nämlich auf Sie hören, sich Ihnen anschließen und freiwillig gerne mit Ihnen kooperieren.


Viele Menschen denken, dass sie nachsichtig, nicht zu streng und vor allem positiv bestärkend sein sollten, weil Ihnen Ihr Hund soviel bedeutet. Ansonsten würde der Hund Vertrauen verlieren, bekäme Angst oder würde sich abwenden.


Genau das Gegenteil ist aber der Fall, denn das hält Ihr Hund davon:

Gerade durch Ihre Nachsichtigkeit verliert Ihr Hund Vertrauen zu Ihnen, da Sie nicht berechenbar, verläßlich oder Verantwortung übernehmend und damit vertrauenswürdig wirken. Durch Ihre fehlende Strenge im Sinne von Klarheit und Konsequenz lernt Ihr Hund, dass er tun kann was er will und vor allem, dass er selbst entscheiden muss, was zu tun ist. Beides gilt insbesondere in für den Hund relevanten Situationen, die mit Territorien, Ressourcen und Trieben zu tun haben.


Durch Ihre Belohnung von positivem Verhalten und Ignoranz von negativem Verhalten, können Sie Ihrem Hund zwar etwas beibringen, allerdings niemals eingeschlichene Fehler verhindern oder abstellen. Egal, ob Ihr Hund sich sein Futter verdienen muss oder, ob Sie Leckerli als Belohnung verwenden, immer kann sich Ihr Hund zwischen Wohlverhalten mit folgender Futter-Belohnung oder Reiz- bzw. Triebbefriedigung mit folgendem Wohlgefühl entscheiden. Kurz, eine Hand voll Futter müsste im Extremfall gegen einen aufgestöberten, wegrennenden Hasen konkurrieren. Na, wie würden Sie sich als Ihr Hund entscheiden?


Das ist auch der Grund dafür, warum Hunde auf dem gesicherten Trainingsplatz, an der Schleppleine oder zu Hause brav ihre Lektionen abarbeiten, denn es gibt unter diesen Bedingungen keine ernsthaft konkurrierenden Reize. Ihr Hund wären also doof, sich das Futter entgehen zu lassen. Sobald die Freiheit des Hundes jedoch vergrößert wird, also kein Zaun da ist, die Schleppleine ab ist und der kontrollierbare freie Radius vom Hund überschritten wird, stehen Sie da mit Ihrem verlockenden Futterbeutel und haben nicht den Funken einer Chance, wenn Ihr Hund sich gegen das Futter und für die triebbefriedigende Wildwitterung entscheidet und im Wald verschwindet. Sie müssen mit einer viel zu hohen Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass sich Ihr Hund von Ihnen abwenden wird, also genau das Gegenteil von dem macht, was Sie durch positive Bestärkung bewirken wollten. Naja, die allermeisten Menschen versuchen fortan, solche Situationen eben zu vermeiden und, wenn es dennoch passiert, es als unvermeidbar, schlecht gelaufen etc. abzutun.


Nur warum ist das so? Ganz einfach: Weil die allermeisten Menschen aus Sicht des Hundes versuchen, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Die meisten Menschen meinen, sie müssten nett und freundlich sein um gemocht zu werden. Wenn sie das Gefühl haben, dass sie gemocht werden und in Beziehung stehen, gehen sie davon aus, dass ihr Gegenüber kooperationsbereit ist. Zeigt ihr Gegenüber dann Kooperationsbereitschaft erwarten sie weiter, dass ihre Führungsverantwortung akzeptiert wird.


Der Hund beurteilt das jedoch völlig entgegengesetzt. Nur, wenn ihm jemand Führungskompetenz signalisiert, ist er bereit in Beziehung zu treten und zu folgen. Erweist sich diese Beziehung dann noch als stabil und sicher, wird er sich mit großer Freude kooperationsbereit zeigen, völlig unabhängig davon, ob es eine magenfüllende Belohnung gibt.


Wie können Sie also das Blatt wenden?


Bedenken Sie ernsthaft Ihre Einstellung zu Führung, Ihre Bereitschaft zu Konsequenz sowie Ihr Durchhaltevermögen, aber auch Ihre Fähigkeit, für Ihren Hund relevante Situationen wahrzunehmen. Schaffen Sie es in diesen Bereichen eine ernsthafte, klare, glaubwürdige und unmißverständliche Haltung zu entwickeln, wird Ihr Hund seine Meinung über Sie sofort ändern!

1 Comment


Vincent Lagendijk
Vincent Lagendijk
Jan 28, 2021

Liebe Sigrid, ich danke Dir für diesen wunderbaren Beitrag, der zufällig meine jüngsten Erfahrungen zusammenfasst. Deine Trainingsvorschläge bauen wir nahezu täglich ein und es ist deutlich festzustellen, dass der Hund mehr nach mir schaut, mich fragt, darf ich ... Bis die Tage im Revier

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