Reizthemen rund um den Jagdhund - Zankapfel oder Chance?
- Sigrid Ackert
- 14. Dez. 2023
- 3 Min. Lesezeit

Unbestritten verändert oder - besser ausgedrückt - entwickelt sich vieles rund um DEN Jagdhund.
Es werden zunehmend mehr Jagdhunde auch von "Nichtjägern" gehalten. Ein Trend, der die betroffene Rasse verändert, Prinzipien der Jagdhundezucht hinterfragt, Halter mit hündischem Jagdtrieb konfrontiert, Lösungsangebote klassischer Hundeschulen an Grenzen stoßen läßt etc..
Ebenso verändert sich auch der Anspruch der Jägerschaft an ihre Jagdhunde. Er soll nicht nur verläßlicher Jagdhund, sondern auch familien- und gesellschaftstauglich sein. Wie läßt sich das mit dem tradierten Bild des harten, scharfen deutschen Jagdhundes vereinbaren?
Auch der Bedarf an bestimmten Jagdhundeeigenschaften verändert sich, da sich die Jagd an das Vorkommen jagbaren Wildes anpaßt. Die Jagd auf wehrhaftes (z.B. Schwarzwild) oder invasives (z.B. Waschbär, Marderhund etc.) Wild nimmt zu, wohingegen Hase, Fasan und Rebhuhn vielerorts eher der Hege durch Prädatorenbejagung bedürfen um nicht ganz der Kulturlandschaft zum Opfer zu fallen. Bezogen auf den Jagdhund schließt sich die Frage an: Braucht man überhaupt noch einen Vollgebrauchsjagdhund oder sollte man doch besser auf Spezialisten in den einzelnen Bereichen setzen? Oder anders gefragt, kann es überhaupt einen Vollgebrauchsjagdhund geben, der alle Ansprüche und Bedürfnisse der Jägerschaft erfüllen kann?
Damit noch nicht genug der Reizthemen. Frauen machen sich breit in der Jägerschaft, einer archaischen Männerdomäne. Frauen kommen häufig über den Hund zur Jagd und verändern durch ihre bloße Präsenz nicht nur die Jagd, sondern auch die Jagdhundeausbildung. Bekannte Ausbildungsmethoden entwickeln sich natürlich auch durch Männer weiter, allerdings füllen Frauen Begriffe wie Führung, Disziplin, Unterordnung, Gehorsam, Härte und Zwang in der Jagdhundeausbildung anders aus.
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass auch die gesellschaftliche Sicht auf Jagd ebenso einem Wandel unterworfen ist. Trotz vieler Vorbehalte und massiver Kritik gegen die Jagd steigen die Zahlen der Jagdscheininhaber und damit zwangsläufig die Zahlen der Erstlings - Jagdhundeführer. Zu beobachten ist auch, dass viele dieser Neuen ohne familiäre Vorbelastung, sonstiger Berührungspunkte mit der Jagd oder dem Jagdhund in dieses Metier vordringen.
Um überhaupt jagdlich eingesetzt werden zu dürfen, muss jeder Jagdhund "brauchbar", d.h. geprüft sein. Damit sind wir beim Jagdhunde - Prüfungswesen, dessen Aufgabe es ist, den Bedarf der Jäger an brauchbaren Hunden zu decken und für die Zucht wertvolle, leistungsstarke Jagdhunde zu selektieren, damit die Züchter für die nächste Jagdhunde - Generation sorgen können. Ausbildungskurse und Jagdhunde - Prüfungsformate werden angeboten. Es braucht bestimmt nicht viel Phantasie, dass Entwicklungen in all den bisher aufgezählten Punkten in diesem Bereich auch Wirkungen zeigen.
All diese Entwicklungen sind natürlich ohne Gewähr, sind beispielhaft aufgezählt, entbehren dem Anspruch auf Vollständigkeit, genauso, wie der wissenschaftlichen Erhebung. Weiter können sie den Anspruch, wertfrei formuliert worden zu sein, gar nicht erheben, da ich ein denkender Mensch, eine Frau, Mutter, Rechtsanwältin, Jägerin, Jagdhundeführerin und - ausbilderin, Züchterin sowie Bloggerin bin, die stolz auf ihre Werte ist. Allerdings habe ich mich bemüht, möglichst wenig Bewertung in diese Aufzählung einfließen zu lassen. Warum schreibe ich das eigentlich?
Weil ich weiß, dass jedes einzelne dieser Reizthemen rund um den Jagdhund eine vernichtende Sintflut auslösen kann.
Ich plädiere dafür, auf Tradition, seit jeher Bewährtes und Gewohntes zu setzen und auf die vielen Erfolge, die damit erzielt wurden, zu vertrauen. Gleichzeitig aber suche ich nach dem Positiven, das in jeder Veränderung genau dieser traditionellen, bewährten und gewohnten Sichtweisen stecken könnte. Öffne ich meine Augen für dieses Positive, dann wird die Zukunft hell erleuchtet sein und all die Haderer, ewig Gestrigen, Besserwisser und Diffamierer im Schatten feig daneben stehen.
Wie der kompromisslose Führungsanspruch beim Abrichten eines Jagdhundes geht, habe ich von Männern, erfahrenen Jägern und erfolgreichen Jagdhundeführern vor 40 Jahren als hundebegeistertes Mädchen irgendwie mitbekommen auf der Jagd, die für mich so selbstverständlich war, wie heute das Smartphone für Kinder diesen Alters. Damit meine ich allerdings nicht die damals gebräuchliche Brutalität in der Jagdhundeausbildung, sondern vielmehr die glasklare Haltung der Jagdhunde - Männer dieser Zeit:
Wir wollen jagen und der Hund muss funktionieren! Andernfalls ist er "den Schuss Pulver nicht wert" und wurde eher über kurz, als über lang ausgetauscht. "Der Köter ist den Schuss Pulver nicht wert" war ein geflügelter Satz, den ich als Mädchen nicht wirklich verstand, der mir aber gehörig Angst machte. Gleichzeitig erlebte ich Jäger, die ihren Hunden nach der Jagd im Wirtshaus extra 2 Paar Wiener und einen Schokopudding bestellten und verfütterten um ihrem Stolz über deren Leistungen Ausdruck zu verleihen ohne die der Jagderfolg nicht möglich gewesen wäre. Genauso wurden Jäger, deren Hunde den Jagdbetrieb eher störten, als unterstützten, vor genau eine Wahl gestellt, jedoch auch nur, wenn sie brauchbare Schützen waren. Beim nächsten Mal sollten sie ihren Hund zu Hause lassen. Für den Fall, dass sie ihn doch mitbrächten, könne er den Tag eben im Auto verbringen.
Die Jagdhundeführer dieser Zeit wußten bestimmt vieles von dem nicht, was wir heute für so wichtig erachten. Die Erfolgreichen von damals eint mit den Erfolgreichen von heute jedenfalls eines:
Sie konnten einem Hund die Führung geben, die ein Hund braucht um seinen Job zu machen!
Comentarios