Jagdhundeausbildung im Wandel der Zeit - Nur der Erfolg darf zählen!
- Sigrid Ackert
- 14. Dez. 2023
- 4 Min. Lesezeit

Man stelle sich beispielhaft folgende Jagdszenen vor:
Hasenjagd: Mein Hund steht bilderbuchmässig vor, ich eile schußbereit herbei, mein Hund zieht nach, der Hase hält dem Druck nicht mehr stand und geht hochflüchtig ab. Mein Hund hetzt sogleich hinterher. Ein Schuss von mir würde nicht nur den Hasen, sondern auch den Hund in Gefahr bringen, unterbleibt also, dafür versuche ich meinen Hund mit einem Trillerpfiff vergeblich zu stoppen. Mein Hund kommt letztlich nach ellenlangen fünf Minuten von seiner Hetze zurück und hat einen Großteil seiner für unsere gemeinsame Jagd nötige Energie verpulvert.
Entenjagd: Eine schwer krank geschossene Ente fällt nicht sichtig für meinen Hund ins gegenüberliegende Schilf. Ich schnalle meinen Hund und freue mich, ihn reizlos übers Wasser zur Nachsuche schicken zu können. Am Schilf angekommen wittert er schnell die Ente und macht seinen triebgesteuerten Job bestens, schwimmt mit der Ente im Fang zurück und steigt aus dem Wasser. Bevor ich sie ihm allerdings abnehmen kann, läßt er sie fallen um sich zu schütteln. So schnell konnten wir beide nicht reagieren, war die schwer gezeichnete Ente wieder ins Wasser entflohen und abgetaucht. Wir haben sie nicht mehr bekommen und mußten sie letztlich ihrem wohl elendigen Schicksal überlassen.
Wer jagt, braucht im ersten Beispiel einen Hund um überhaupt jagbares Wild aufzuspüren. Wer jagt, der muss aber auch immer mit dem Risiko leben, doch mal einen nicht tödlichen Schuss anzubringen und benötigt dann einen Hund, der wie im zweiten Fall die Kohlen aus dem Feuer holen sollte bei der Nachsuche. Zusammengefaßt wird dies gerne mit dem Sprichwort "Jagd ohne Hund ist Schund" ausgedrückt.
Nur woran liegt es, wenn der Jagdhund selbst "Schund" ist und die an ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen will oder kann?
Hier bleibt es keinem selbstkritischen Hundeführer erspart in den Spiegel zu gucken und den Blick auf seine möglicherweise falsche oder unzureichende Jagdhundeausbildung zu richten. In den beiden genannten Jagdszenen exemplarisch der Gehorsam des Jagdhundes am Wild und der sichere Apport. So unangenehm dieser selbstkritische Blick auch sein mag, als Jäger bin ich es dem Wild jedenfalls schuldig, es waidgerecht zu erlegen und vor unnötigen Qualen zu bewahren. Es darf also nur der Erfolg zählen und damit einhergehend der Erfolg des suchenden, stöbernden, apportierenden oder nachsuchenden vierbeinigen Jagdhelfers. Damit ist nicht die Frage nach der richtigeren, besseren oder moderneren Ausbildungsmethode entscheidend, sondern die Frage nach der erfolgsversprechendsten!
Was sind nun die kritischen Erfolgsfaktoren bei der Jagdhundeausbildung?
Der Erfolg jedweder Ausbildungsmethode hängt ganz entscheidend vom Hundeführer ab. Wie ist die Bindung des Mensch-Hund-Teams? Kann der Hundeführer seinen Hund lesen? Nur wenn er das Verhalten seines Hundes bestmöglich interpretieren kann, wird das Timing seiner Interventionen und Befehle stimmen und zum gewünschten Erfolg führen. Wer kennt ihn nicht, den "Point of no return", wenn der Stopppfiff einen Tick zu spät kommt und die triebgesteuerte, raubtierische Hetze seinen unbremsbaren Lauf nimmt. Auch wenn mir minutiös erklärt und gezeigt wird, wie ich meinem Hund beibringe, frei bei Fuß oder ordentlich an der Leine zu gehen, hängt es an mir, diesen Ablauf auch umzusetzen und meinem Hund verständlich zu machen, was ich von ihm erwarte.
Selbst wenn ich diesbezüglich zu den talentierteren unter den Hundeführern zählen sollte, ist noch kein Hund als Meister vom Himmel gefallen. Es braucht ohne Zweifel viel Zeit, Mühe und Geduld! Viele, viele Wiederholungen einer Methode, sei es beim Zwangsapport auf dem Tisch oder mit der klickerunterstützten, positiven Verstärkung durch existentielles Futter, sind nötig um eine Aufgabe, wie den Apport, überhaupt erst zu etablieren. Genauso ist die kontinuierliche Übung unersetzlich, um die Zuverlässigkeit und Qualität der erlernten Aufgabe auf hohem Niveau zu erhalten. Nur wenn ich bereit bin, diesen dauerhaft hohen Aufwand zu betreiben, dann sind die Erfolgsaussichten meines Jagdhundes im realen Jagdeinsatz akzeptabel hoch.
Nicht zu vergessen sind die Täler, die in der Ausbildung zu durchschreiten sind. Nicht nur wir Menschen sind nicht perfekt, auch der talentierteste Hund wird nicht gänzlich perfekt sein. D.h. bei der Jagdhundeausbildung stoße ich mit jedem Hund unabhängig von der Methode, die ich anwende, zwangsläufig irgendwo auf Schwierigkeiten. Oder, wie heißt es so schön: "Beim Fuchs, beim Schweiß und im Wasser trennt sich die Spreu vom Weizen". Der Erfolg hängt dann ganz entscheidend davon ab, wie der Hundeführer mit Ausbildungsproblemen umgeht. Vermag er es, sich Hilfe zu holen, einen Ausweg und eine Lösung zu finden oder kapituliert er, gibt sich zufrieden oder schaut einfach nur weg?
Bevor ich mir also Gedanken darüber mache, welche Ausbildungsmethode zu mir und meinem Hund passt, sollte ich mein Gespür für Hunde kritisch beleuchten, meine Einsatzbereitschaft hinterfragen und meine Frustrationstoleranz bei Schwierigkeiten klären.
Bei den Ausbildungsmethoden selbst könnte man salopp sagen: "Viele Wege führen nach Rom", denn die Hunde haben sich dem Menschen so sehr angepasst, sie werden annähernd jeden Weg mit gehen. Manche dieser Wege sind sehr ähnlich oder sogar gleich, nur anders etikettiert oder stärker medial aufgemotzt, andere sind modern geteert, wieder andere nicht mehr dem Zeitgeist entsprechend gepflastert.
Eines haben sie jedenfalls gemein: Sie können den Hundeführer allesamt an das Ziel bringen, einen zuverlässigen Jagdhelfer an seiner Seite zu wissen, wenn die kritischen Erfolgsfaktoren bei ihm selbst gegeben sind!
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